Vision und Arbeitsfeld

Was sind die Voraussetzungen für eine lebendige Demokratie? Genau mit dieser Frage beschäftigen wir uns im Arbeitsfeld „Demokratische Kultur“. Zwar ist die Demokratie in Deutschland gesetzlich festgeschrieben, doch der staatliche Rahmen allein schafft noch keine lebendige, erlebbare Demokratie. Eine demokratische Kultur lässt sich nicht anordnen – sie muss entwickelt, eingeübt und regelmäßig praktiziert werden.

Eine Grundlage für eine funktionierende Demokratie ist Vertrauen. Wer den Institutionen und der Politik misstraut, wird ihre Entscheidungen nur schwer als legitim anerkennen. Andersherum gilt auch: Stellen die Politikerinnen und Politiker die demokratischen Kompetenzen der Bürgerinnen und Bürger infrage, verlieren sie den Bezug zur Bevölkerung, was wiederum zu Misstrauen führt. Zudem ist die Demokratie darauf angewiesen, dass Menschen auch dann konstruktiv zusammenarbeiten, wenn sie sich mit unterschiedlichen Lagern identifizieren.

Im Arbeitsbereich demokratische Kultur entwickeln, pilotieren und erproben wir neue Ansätze, die Vertrauen stärken und eine konstruktive Diskussions- und Debattenkultur fördern.

Eine Vision von Mehr Demokratie

Wir wünschen uns eine zukunftsfähige, sich weiterentwickelnde und vertiefende Demokratie. Eine Demokratie, in der alle Erfahrungen wichtig sind und die Erfahrungen aller Anerkennung finden. Eine Demokratie, mit der wir uns verbunden fühlen, in der wir einander vertrauen, und in der wir selbstbewusst und kreativ Einfluss nehmen können. Eine Demokratie, die Vielfalt gewinnbringend integriert und in der kollektive Intelligenz zu umfassenden Lösungen führt.

Um das zu schaffen, reicht es nicht mehr aus, „nur“ auf Strukturen, Gesetze und Institutionen zu verbessern. Wir müssen auch Kulturkompetenzen entwickeln, die unsere Unzulänglichkeiten, Blockaden und geschichtliche Vergangenheit berücksichtigen. Es kommt nicht nur darauf an, dass wir uns für die Weiterentwicklung demokratischer Verfahren einsetzen; wir möchten uns auch um eine neue Kultur in demokratischen Prozessen kümmern.

So könnte die demokratische Zukunft aussehen, die wir uns vorstellen:

  • Im ganzen Land gibt es eine lebendige Zivilgesellschaft, die sich wie bei »Sprechen & Zuhören« in Dialog- und Resonanzräumen zusammenfindet. Dort werden die politischen Entscheidungen der Zukunft vorbereitet. Das Mitmachen in diesen Räumen macht Spaß, ist motivierend, vertrauensvoll und schafft Verbundenheit. 
  • Demokratische Systemaufstellungen werden selbstverständlich auf politischen Treffen genutzt, um komplexe Zusammenhänge erfahrbar zu machen und neue Perspektiven zu eröffnen.
  • Im Parlament wird nicht mehr nur in Fraktionen gedacht und abgestimmt, sondern es werden in alle Parteien einbeziehenden Prozessen gemeinsame Lösungen erarbeitet. So entsteht eine neue Erzählung der Kooperation statt der Konkurrenz. Die Lösungskompetenz der Politik ist hoch und wird von der Bevölkerung gesehen und wertgeschätzt.
  • Das Regierungssystem wird ergänzt durch neue Beteiligungsformate wie z. B. Bürgerräte, um die kollektive Intelligenz der Gesellschaft bei wichtigen Themen einzubinden. Immer mehr Bürgerinnen und Bürger machen so Erfahrungen von Wirksamkeit.
  • Politische Debatten, z. B. in Bürgerräten, aber auch innerhalb von Parteien und NGOs, werden von ausgebildeten Prozessbegleiterinnen und -begleitern moderiert, die durch ihre Kompetenzen konstruktive Dialogsituationen ermöglichen, in denen auch Kontroversen und Konflikte bearbeitet werden können.
  • Es existiert ein gesamtgesellschaftliches Bewusstsein über die Dynamik kollektiver Traumata, vor allem in Krisenzeiten. Politikerinnen und Politiker handeln, argumentieren und diskutieren auf traumainformierte Weise.
  • In Forschungsprojekten wird die Wirkungsweise der neuen demokratischen Kultur evaluiert und damit die Basis für weitere Entwicklungen innerhalb Gesellschaft und Politik geschaffen.

Zusammengefasst hat eine demokratische Kultur, wie wir sie uns wünschen, folgende Eigenschaften:

  • Sie bringt kluge und weitsichtige Entscheidungen hervor, die die kollektive Intelligenz nutzen und positive Auswirkungen auf alle oder möglichst viele Beteiligte haben. 
  • Sie ist inklusiv, denn auch marginalisierte Stimmen werden gehört und in politische Prozesse mit einbezogen.
  • Sie wirkt empowerend auf die Beteiligten: Diese nehmen sich als politische Akteure wahr, die Einfluss nehmen können und auf kooperative Weise mit Politikerinnen und Politikern zusammenarbeiten.
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